F e r n w e h-Pur... Reisebericht

4.- 7. Tag
Kettle Valley Railway - Revelstoke - Yoho National Park - Calgary - Banff National Park

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4. Tag Okanagan Lake – Revelstoke (09. September)


An diesem wunderschönen Tag - die Sonne strahlt bei ca. 25ºC über das Okanagan Valley - fahren wir nach Summerland. Wir wollen zur Kettle Valley Railway, die ein Teilstück des berühmten, 18.078 Kilometer langen Trans Canada Trails (TCT) bildet. Dieser TCT-Teil entlang des Myra Canyon gehört zweifelsohne zu einer der schönsten Wander- und Radstrecken Kanadas. Dorthin gibt es auch einige deutschsprachig geführte Radreisetouren.

Wir durchqueren die wunderschöne Okanagan-Landschaft, vorbei an Weinanbaugebieten und dem traumhaften Okanagan-Lake, der mitten in einer Bergidylle liegt. Da die Touristen-Information in Summerland sonntags geschlossen ist, fahren wir weiter zu der „Hauptstadt“ des Okanagan Valleys, Kelowna. Die drittgrößte Stadt British Columbias macht auf uns einen sehr gepflegten und willkommenden Eindruck. Im Touristen-Magazin lobt sich die Stadt selbst als „Best City in Canada“. Das Tourist Office hat hier geöffnet und wir erhalten ausführliche Informationen, Tipps sowie eine detaillierte Wegbeschreibung für unseren Radausflug zum Myra Canyon.

Nachdem wir uns in Kelowna bei Sports Rent (3000 Pandosy St. www.okanaganbiz.com/sportsrent) zwei Montain-Bikes (je 26,- CA-$) ausgeliehen haben, geht es mit dem Camper und den darin verstauten Rädern auf einer „Gravel Road“ rauf zur Kettle Valley Railway und dem Myra Canyon. Die Fahrräder schaukeln, wir denken mit Schrecken an unsere Inneneinrichtung. Der Camper schwankt nach rechts und links, die Schotterstraße verlangt unser gesamtes Fahrgeschick und den zugeschalteten Allrad-Antrieb. Mit einiger Erleichterung kommen wir auf dem Parkplatz an und sehen, dass auch einige kanadische Familien ihren Sonntagsausflug hier beginnen.

Nach dem Motto „Rails to Trails“ (Schienen zu Pfaden) wurde hier auf der alten Bahntrasse (Bauende: 1914) ein Wander- und Radweg angelegt. Diese "Umfunktion" von einer Bahnstrecke zu einem Wanderweg ist nichts ungewöhnliches auf dem Trans Canada Trail. Es gibt viele Strecken, auch im Osten des Landes (Neufundland etc.), die auf diese Art und Weise für Einheimische und Touristen ein beeindruckendes Panorama liefern.

Insgesamt ist der Trans Canada Trail (TCT) mit 18.078 Kilometern der längste Wanderweg der Welt. Der durchgängige Trail verbindet dabei alle kanadischen Provinzen und Territorien vom Pazifik zum Atlantik und dem Nord-Polarmeer miteinander. Die Idee dieses beeindruckenden, transnationalen Wanderweges wurde im Jahre 1992 von der "Canada 125"-Initiative geboren und soll bis zum Jahre 2005 in ganz Kanada vollständig abgeschlossen sein. Neben Wandern und Radfahren gibt es noch drei weitere Kern-Aktivitäten (Reiten, Snowmobil, Ski-Langlauf), die auf dem Trail möglich sein sollen. Für den Bau und die Bereitstellung des TCT sind die kanadischen Provinz-Organisationen verantwortlich. Sie betreuen die einzelnen Teilstücke und verwirklichen Stein für Stein die große Vision des Trans Canada Trails. Finanziert wird der Trail hauptsächlich über Spenden. Jeder kann sich damit an dieser großartigen transnationalen Idee beteiligen. Auch für Touristen gibt es die Möglichkeit, sich für den TCT einzusetzen und sich sogar zu verewigen. Für 50,- kanadischen Dollar kann ein Teilstück des Trails gekauft werden. Dafür darf sich der stolze TCT-Besitzer ein kleines Denkmal setzen und sich namentlich in einem der landesweit 55 "Trail Pavillions" eintragen. Auf der Kettle Valley Railway ist dies in Penticton und Hope möglich. Weitere Infos gibt es unter: www.trans-canada-trail.de

Auf der Kettle Valley Railway fahren wir auf zwölf Kilometern über 18 Brücken und zwei Tunnels. Die Strecke und ihre teilweise 100 Meter langen restaurierten Holzviadukte führen um den Myra Canyon und bieten hervorragende Ausblicke. Eine der beeindruckendsten Radstrecken, die wir jemals gesehen haben. Wunderschön und sicherlich einer der Höhepunkt eines jeden Kanada-Aufenthaltes!

Nach dieser Radtour auf dem Trans Canada Trail geht es wieder „down the hill“. Auch diese schwankende Abfahrt überstehen wir und liefern unsere Mountainbikes ordnungsgemäß wieder ab. Unser nächstes Ziel ist Revelstoke (email: info@revelstokecc.bc.ca), das zwischen dem Zusammenfluss des Illecillewaet und Columbia River liegt. Dort gibt es den Williamson Lake Campground (1818 Williamson’s Lake Road; 19,26 CA-$), den wir für die Nacht aufsuchen wollen. Freundlich werden wir von einem Schweizer begrüßt, der uns einen lauschigen Platz zuweist. Wir genießen den Abend typisch Kanadisch: Mit Grillfleisch, Kartoffeln und einigen Budweiser. Später lassen wir den Tag an dem zugehörigen See, an dem man tagsüber Tretboote oder Kanus ausleihen kann, ausklingen. In diesem Idyll kann man sich gut vorstellen, der Großstadt einmal den Rücken zu kehren.

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5. Tag Revelstoke – Yoho National Park (10. September)


Auf dem heutigen Programm steht der Glacier National Park, eine Berglandschaft mit über 400 Gletschern. Der Glacier National Park (www.parkscanada.pch.gc.ca/glacier; e-mail: revglacier_reception@pch.gc.ca) bietet einige der besten Wanderwege Kanadas, die auch wir heute in Angriff nehmen wollen.

In der Touristen-Information kaufen wir den „Great Western Annual Pass“ (70,- CA-$ pro Familie, Fahrzeug). Dieser Pass berechtigt zum Eintritt in die Nationalparks West-Kanadas und enthält Vergünstigungen für Campingplätze, Sehenswürdigkeiten etc.. Wir lassen uns von der freundlichen Mitarbeiterin beraten und entscheiden uns für den ca. vier- bis fünfstündigen Glacier Crest Trail (4,8 km, 795 m Höhenunterschied). Es soll ein nicht allzu schwieriger Trail sein, der sich allerdings in der Endphase etwas steiler und anstrengender gestalten soll. Dies versichert uns die Dame. Wir wagen es und beginnen mit kompletter Ausrüstung (Trekking-Schuhe, Schal, Handschuhe) unsere Wanderung. Natürlich gibt es auch hier Bären, sie wurden sogar vor Kurzem in der Nähe unseres Trails gesehen. Wir fürchten uns nicht und richten uns nach dem Rat der Ranger, uns laut zu unterhalten. Die ersten Meter laufen wir locker auf einem sehr guten Wanderweg, dann beginnt der steile Aufstieg, den wir nicht so schnell vergessen werden. Wir steigen immer höher, der Highway ist nur noch ein Strich, die Vegetation wird immer spärlicher. Nach rund zwei Stunden sind wir uns sicher: Wir haben nach diesem teilweise rasanten Anstieg bald den Gipfel erreicht. Dieser Gedanke begleitet uns noch die nächsten zwei Stunden auf die Spitzes des Berges. Nach einem kurzen Mittagssnack absolvieren wir auch die restlichen Meter über abenteuerliches Geröll und sind überglücklich, als wir endlich - nach 800 Höhenmetern - „oben“ sind. Die schneebedeckten Zipfel sind nicht weit von uns entfernt, wir genießen die grandiose 360º Grad Aussicht und unsere Leistung. Nun müssen wir aber schon an den Abstieg denken, der zwar wesentlich zügiger voran geht, aber wegen der Gangart einiges an Muskelkater hinterlässt. Zudem ist man immer „sturzgefährdet“, da der Weg über teilweise lockere Steine führt. Natürlich muss man auf Grund der Verletzungsgefahr immer vorsichtig sein, da der Trail nicht stark von Wanderern frequentiert ist (ca. vier Personen in fünf Stunden).

Nach insgesamt fünf Stunden haben wir wieder unseren Camper erreicht und genehmigen uns – total erschöpft – eine riesige Portion Eiscreme. Diese Wanderung ging wirklich an die Substanz. Neben uns treffen zwei US-Amerikaner aus Idaho ein. Beide haben auf den Gletscher je einen Skier mitgenommen. Richtige „harte Jungs“, die dann auch eine Erfrischung im eiskalten Flusswasser genießen.

Weiter geht es nun zum Yoho National Park, wo wir nach einem Quartier für die Nacht suchen. Ein Campingplatz ist belegt, der andere geschlossen. Also übernachten wir auf dem benachbarten Parkplatz, den auch schon andere Camper aufgesucht haben. Eine kostengünstige und idyllische Übernachtungsmöglichkeit in freier Natur.

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6. Tag Yoho National Park - Calgary (11. September)


An diesem sechsten Tag unseres Kanada-Urlaubs, dem 11. September 2001 ahnen wir noch nichts von den Ereignissen im Nachbarland USA. Wir bekommen von den Terroranschlägen in New York und Washington D.C. nichts mit, wir entdecken nur einige Anzeichen, die wir aber erst später (am nächsten Morgen!) in Calgary zuordnen können.

Zu früher Morgenstunde fahren wir zur Natural Bridge, die im Herzen des Yoho National Parks liegt. Die Natural Bridge ist eine malerische Felsen-„Brücke“, die über den Kicking Horse River führt. Glasklares Wasser hat sich hier über die Jahrtausende einen Weg durch den Fels gebahnt und dabei einen kleinen Felsbogen geschaffen. Beeindruckt fahren wir zum nahegelegenen Emerald Lake, einem grünlichen, ebenfalls glasklaren See, in dem sich die grandiose Berg- und Waldlandschaft spiegelt. Je nach Lichteinfall verändert der See seine Farbe, von hell türkis über smaragdgrün bis dunkelgrün. Sogar die wenigen Wolken finden ihr Abbild in einem der pittoresksten Seen in Kanada. Wir bleiben einige Minuten und genießen die morgendlichen Ruhe bei doch recht kühlen Temperaturen. Glücklicherweise wird es hier in den Bergen durch die starke Sonneneinstrahlung schnell wärmer.

An den Spiral Tunnels, den spiralförmig angelegten Eisenbahn-Tunneln, geht es weiter zu den Takakkaw Falls. Vom Parkplatz aus, auf dem gerade eine Gruppe Japaner angekommen ist, gehen wir einen kurzen Pfad bis zu den 284 m tief herunterstürzenden Wassermassen. Wir sind froh, dass der Weg nicht so weit ist, da wir die gestrige Wanderung in unseren Knochen spüren.

Später wollen wir dennoch auch heute einen kleinen Spaziergang unternehmen. Welche malerische Kulisse eignet sich da besser als Lake Louise. Der von den Indianern „Lake of the Little Fishes“ genannte Bergsee wurde im Jahre 1884 zu Ehren von Prinzessin Louise Caroline Alberta benannt. Er ist der wohl meistbesuchte und meistfotographierte See der Welt. Das Chateau Lake Louise (1890 gebaut), ein Nobelhotel, liegt wunderschön am Ufer. Heute Ausgangspunkt für Skitouristen wurde es damals als Hotel an der Atlantik-Pazifik-Bahnstrecke „Canadian Pacific Railway“ um 1880 auf Geheiß von William Cornelius von Horne gebaut. Von Horne ließ damals eine Reihe von schlossartigen Hotels bauen, unter anderem auch das prächtige Banff Springs Hotel. Während die luxuriösen Prachtbauten bis heute erhalten geblieben sind und sich weiter entwickelt haben, gibt es die Bahnstrecke seit einigen Jahrzehnten nicht mehr. Natürlich sind wir hier nicht die einzigen Besucher, viele Reisegruppen und Individualtouristen genießen das Ambiente. Wir entscheiden uns, den Plain of Six Glaciers Trail in Angriff zu nehmen. Dieser Trail gehört zu den wohl schönsten Wanderwegen im Nationalpark. Dies können wir bestätigen. Wir wanden - zunächst am Ufer des Sees entlang - hinauf zu den schneebedecken Gletschern. Der zweistündige Aufstieg ist allerdings nicht mit der Wanderung von gestern zu vergleichen. Am sehr schönen Aussichtspunkt über der Ebene der sechs Gletscher liegt ein Tea House, in dem kleine Erfrischungen sowie Kaffee und Kuchen angeboten werden. Genauso wie damals im Jahre 1924, als das Haus als Berghütte von Schweizer Arbeitern errichtet wurde, muss auch heute noch alles mit Lasteseln den steilen Pfad hinauf transportiert werden. Die Eselsspuren auf dem Trail und die Preise auf der Speisekarte bestätigen das.

Nachdem wir wohlbehalten den Abstieg gemeistert haben, geht es weiter zum südlich gelegenen, 13 Kilometer entfernten Moraine Lake. Der See macht einen idyllischeren Eindruck als Lake Louise, auch ist er von Touristen weniger stark besucht. Am Ufer liegen unzählige Baumstämme, auf denen wir eine kurze Rast einlegen.

Durch den Banff National Park geht es weiter Richtung Calgary. Dort übernachten wir auf dem KOA Campground (26,96 CA-$), bei dem wir gleich am Eingang eine Einweisung in die Verhaltensregeln („Park Rules“) erhalten. Dieser Campingplatz, der zu den teuersten unserer Reise gehört, ist wieder einmal ein „Full Hook Up“. Davon können wir hier nicht unbedingt profitieren: die Wasserstelle ist mit unserem Schlauch nicht erreichbar, der Stromanschluss ist zu weit vom Stellplatz entfernt. Hier stehen die Fahrzeuge dicht an dicht und es gibt keinen einzigen Baum auf dem gesamten Gelände. Diese Situation erinnert eher an einen typisch europäischen Campingplatz. Den KOA-Calgary würden wir nicht weiterempfehlen. Wir ahnen immer noch nichts von den Terroranschlägen in den USA.

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7. Tag Calgary – Banff National Park (12. September)


An diesem Morgen entscheiden wir uns für einen kurzen Besuch des nahe gelegenen Olympia-Geländes (Ticket-Preis: 5,- CA-$). Dort fanden im Jahre 1988 die Olympischen Winterspiele statt. Wir können kaum glauben, dass hier vor rund 13 Jahren ein derartiges Großereignis ausgetragen wurde. Die Anlagen machen einen recht alten und ungepflegten Eindruck. Zudem ist das Gelände recht klein. Wie können hier Tausende von Zuschauern Platz gefunden haben? Wir schauen uns die große, aber wohl seit einigen Jahren unbenutzte Bob- und Rodelbahn an. Gigantisch sind die vier Sprungschanzen. Wir fahren mit dem Aufzug zum Start der Schanze und genießen den Respekt einflößenden Ausblick, den Sven Hannawald und Co. vor ihren Sprüngen haben. An der kleinen Schanze wagen einige Sportler den Sprung in die Tiefe. Wir verlassen das Olympiagelände wieder und schauen uns das „Olympic Hall of Fame and Museum“ an. Dort gibt es viele Fotos, Souvenirs, Kleidungsstücke, Pokale etc. der Olympischen Spiele 1988 in Calgary zu sehen.

Weiter geht es nun in die Innenstadt von Calgary (www.tourismcalgary.com). Alljährlich findet hier im Juli die Calgary Stampede (http://calgary-stampede.com) statt, das Großereignis im Westen Kanadas und die „greatest outdoor show on earth“. Dann steht Calgary zehn Tage lang im Zeichen von Western und Rodeo. Auf Grund der begrenzten Parkmöglichkeit in Downtown parken wir in einem Vorort und nehmen an der nächstgelegenen Station die Straßenbahn. Auf dem Bahnsteig spricht uns eine ältere Dame an. Sie fragt uns, ob wir denn schon „etwas Neues“ wüssten. Wir schauen sie verdutzt an. In den USA sei ein schrecklicher Terroranschlag passiert, wir müssten unbedingt den Fernsehr einschalten. Wir sind zunächst ungläubig und kaufen gleich eine Zeitung, um uns über das Wichtigste zu informieren.

Dieser Tag in Calgary hat natürlich unter den Ereignissen in den USA gelitten. Die Stimmung in der Stadt ist sehr bedrückt, überall hängen Trauerfahnen, die Kinos, Theater etc. sind geschlossen. Wir gehen langsam durch die Fußgängerzone und schauen auf die gläsernen Bürokomplexe. In der Shopping Mall am Toronto Dominion Square besuchen wir den Devonian Garden: Ein künstlich angelegter über ein Hektar großer Garten mit vielen Pflanzen und künstlichen Wasserfällen auf der vierten Etage eines Einkaufscenters. Durch Downtown, vorbei an den sich spiegelnden Wolkenkratzern, gehen wir zum Prince‘s Island Park und genießen auf einer Parkbank am Bow River die Sonne.

Am späten Nachmittag setzen wir unsere Reise in Richtung Banff National Park, dem ältesten Nationalpark Kanadas, fort. Mit vier Millionen Besuchern im Jahr ist der 6.640 Quadratkilometer große Banff N.P. der beliebteste Nationalpark Canadas. Im Tunnel Mountain Campground (16,- CA-$) schlagen wir unser Nachtquartier auf. Ein riesiger Campingplatz, auf dem man erst ein ganzes Stück fährt, um seinen Stellplatz zu erreichen. Die Plätze liegen wunderschön im Wald, die Entfernung zum Nachbarn ist recht groß. Mit ausreichend Feuerholz erfreuen wir uns der Einsamkeit in der Natur.

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