F e r n w e h-Pur... Reisebericht

9.- 11. Tag
Tirasberge - Sesriem/Namib Naukluft Park - Kuiseb Canyon

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9. Tag Tirasberge – Sossusvlei/ Namib Naukluft Park (25. Juni)


Der Morgen beginnt mit einem erneuten Kälteschock. Meine Hände sind mittlerweile eingefroren. Da helfen nur meine Winterhandschuhe, die ich glücklicherweise mitgenommen hatte. Nachdem wir uns wieder einigermaßen aufgewärmt haben, fahren wir zur Tiras Farm, um unsere Campingübernachtung zu bezahlen und eine kleine Notreparatur an unserem Zelt vorzunehmen. Eine Naht am Zelt war gerissen. Vielleicht ein Grund für die unglaubliche Kälte der Nacht? Nachdem uns die Inhaberin der Farm, Marita Koch, mit Nadel und Faden ausgerüstet hatte und wir unser Obdach schnell genäht haben, lädt sie uns auf eine Tasse Kaffee in ihre Wohnstube ein. Sie erzählt uns von den Anfängen und dem Leben auf der Farm. Natürlich sprechen wir über Namibia als Touristenziel und die Möglichkeiten, das Land für Urlauber noch attraktiver zu gestalten.

Nach diesem sehr informativen Gespräch geht es an Straußenfarmen und riesigen Vogelnestern vorbei zurück auf die C 13. Wir biegen auf die Pad 707 und genießen die atemberaubenden Ausblicke auf die Namib Wüste. Wir entscheiden uns für einen ca. 40 km langen Umweg, nämlich die Pad 826 in östlicher Richtung zu fahren und das Schloß Duwisib zu besuchen. Das Gespräch mit Marita Koch hat unseren Zeitplan etwas durcheinander gewirbelt. Der Abstecher zum von Hansheinrich von Wolff erbauten Anwesen lohnt sich. Das Schloss sticht eindrucksvoll aus der öden Landschaft am Rande des Namib Naukluft Parks hervor. Die Räume sind restauriert und bieten einen interessanten Einblick in die damaligen Lebensverhältnisse des Dresdner von Wolff und seiner amerikanischen Frau. Der exzentrische Baron von Wolff hatte das Schloss 1908 für seine amerikanische Frau erbaut. Im Innenhof gibt es einen pittoresquen Springbrunnen.

Am Nachmittag geht es dann weiter auf der Pad 826, einer der schönsten Strecken entlang der Randnamib. Dort liegt auch der Namib-Naukluft-Park, der einer Größe von Bayern entspricht. Eine eindrucksvolle Kulisse: rotschimmernde Schotterstraße mit trockener gelblicher Savannenlandschaft und bräunlichen felsigen Bergen. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir das Camp am Eingang des Sossusvlei-Parks. Dort haben wir Glück, dass wir noch einen Stellplatz bekommen. Das Camp (Tel. 063-693247) ist nicht groß, die Abstände zum Nachbarn sind für namibische Verhältnisse nicht sonderlich weit. Die sanitären Anlagen sind die schmutzigsten, die uns auf der gesamten Reise begegnen. Trotzdem: Der Sonnenuntergang am Rande der Namib ist beeindruckend. Wir kaufen schnell Feuerholz im Shop und besorgen uns einen Permit für den nächsten Tag. Feuerholz konnten wir in Namibia in jedem Supermarkt oder Shop sowie auf allen von uns besuchten Lodges kaufen. Meist haben wir dafür zwischen 12,- und 18,- Dollar (ca. 1,20 – 1,80 Euro) bezahlt. Einen Permit (80,-N$)muss man in fast allen Naturschutzgebieten (Sossusvlei-Gebiet, Etosha, Skelettküste etc.) des Landes kaufen. Gegen eine Eintrittsgebühr erhält man eine Bescheinigung („Permit“), die man bei Verlassen des Gebietes wieder vorzeugen muss.

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10. Tag Sossusvlei/ Namib Naukluft Park (26. Juni)


Um acht Uhr sind wir fast die letzten Gäste, die das Camp am Sossusvlei-Eingang verlassen. Die meisten haben wohl den Sonnenaufgang in der Dünenlandschaft erleben wollen.
Mit unserem Permit fahren wir durch das Tor, das uns die Welt der Sanddünen eröffnet. Nach 45 Kilometern erreichen wir die berühmte Düne 45, die zu den höchsten Dünen der Welt zählt. Wir beginnen den mühsamen Aufstieg auf die Spitze der Düne und kämpfen uns durch den tiefen Sand. Die Anstrengung lohnt sich, der Ausblick auf die Landschaft ist grandios. Nach dem doch recht schnellen Abstieg – herunter geht es wesentlich einfacher – und einem letzten Blick auf die interessanten Schwarzkäfer, setzen wir unsere Fahrt durch das Sossusvlei-Gebiet fort. Die letzten Kilometer zum „Toten Vlei“ sind nur mit einem Allradfahrzeug befahrbar. Wir haben ein solches 4 X 4-Vehicle. Natürlich kann man sich auch einer Gruppe anschließen, die dann mit einem 4 X 4-Bus durch das Gebiet braust. Sollen wir es wagen, die Strecke alleine durch tiefen Sand zu befahren? Oder eine 1,5-stündige Wanderung in der schwülen Mittagshitze? Auch hier ist der Sand tief. Wir entscheiden uns doch für die Autofahrt zum „Toten Vlei“. Nach einigen Metern, die wohl der Einstimmung dienen, denken wir „Das ist doch gar nicht so schlimm“. Danach geht es erst richtig los: Wir müssen uns durch tiefen Sand kämpfen. Das Lenken des Fahrzeugs ist schwierig und wir hoffen, dass wir in der Spur bleiben. Einige Male bleiben wir stecken. Schließlich erreichen wir – nicht ohne Erleichterung – den Parkplatz. Von dort aus gehen wir ca. zwei Kilometer zum „Toten Vlei“, einer ausgetrockneten Lehmpfanne in der Wüste, in der abgestorbene Kameldornbäume von Dünen umgeben sind. Die „Pfanne“ ist ein abflussloses Becken, in dem das Wasser in der Regenzeit versickert und verdunstet. Dadurch entstehen in der Trockenzeit die teilweise großen Risse. Im Sommer muss es dort bei über 40 ºC unerträglich heiß sein. Wir genießen die Stille in der Pfanne und kehren nach einer kurzen Erfrischung wieder zum Auto zurück. Wieder kämpfen wir uns durch die sandige Landschaft. Wir bleiben nicht auf der Strecke. Die erste ernsthafte Allrad-Prüfung haben wir mit Bravour gemeistert.

Die nächste Station führt uns über Sesriem zum Naukluftgebirge. Wir haben uns überlegt, einen Extra-Tag im Naukluft einzulegen. Dieses Gebiet eignet sich hervorragend für Wanderungen. Da wir bisher aus zeitlichen Gründen kaum die Möglichkeit zu einer längeren Wanderung hatten, freuen wir uns sehr darauf. Unser Nachtlager schlagen wir im Naukluft-Camp (90,- N$ + 60,- N$ Permit) auf. Der Weg zu unserem Stellplatz ist etwas beschwerlich. Wieder müssen wir die Funktionalitäten eines Allradfahrzeugs nutzen, der Platz liegt direkt in einem Flusstal. Schön ist es hier! Manchmal sollen Paviane das Camp durchqueren, wir sehen keine. Leichter Tomatenduft strömt aus unserem Auto. Eine Dose mit Tomatensauce hat die bewegte Fahrt durch das Sossusvlei-Gebiet nicht überlebt. Haben wir nun mehr Staub oder doch mehr Sauce im Auto? Nach einer ausführlichen Reinigung genießen wir das Lagerfeuer inmitten einer ausgetrockneten Flusslandschaft.

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11. Tag Namib Naukluft Park – Kuiseb Canyon (27. Juni)


Auch an diesem Morgen ist es wieder recht kalt. Den Sonnenaufgang können wir auf Grund des Flusstals inmitten der Berge heute nicht bewundern. Rasch machen wir uns auf zum Office. Dort müssen wir „bekanntgeben“, dass wir nun den „Olive-Trail“ im Namib Naukluftgebirge bewältigen möchten. Nach dem Trail muss man sich vorschriftsmäßig wieder zurückmelden. Ich frage den freundlichen Herrn im Office, ob der Trail denn gefährlich oder schwierig sei. „Nein“, antwortet er mit überzeugender Miene. Naja, dann wird es ja so schlimm nicht werden. Wir hatten im Reiseführer und im Internet gelesen, dass man sich am Ende des Wanderweges an Ketten über eine Wasserstelle hangeln muss. Wir lassen uns überraschen.

Wir parken unser Fahrzeug auf dem offiziellen Parkplatz. Dann geht es mit zwei Litern Wasser (auf Anweisung des Herrn im Office) los. Der erste Teil des „Olive Trail“ verläuft auf einem kleinen Pfad - mit kontinuierlichem Anstieg. Wir müssen immer den „white footprints“ folgen, die auf Steinen, Felsen, Weg etc. markiert sind. Nach dem kleinen, recht schweißtreibenden Höhenweg sind wir auf der Spitze des Berges gelandet. Wir genießen die Aussicht und hoffen, dass wir die Alarmanlage unseres Autos hier oben nicht hören müssen. Dann hätten wir größte Schwierigkeiten, unseren fahrbaren Untersatz noch rechtzeitig zu erreichen. Der zweite Abschnitt des Weges führt uns in ein felsiges Flusstal. Glücklicherweise sind wir in der Trockenzeit hier, wer weiß, wie das Tal in der Regenzeit aussehen würde. Wir folgen jetzt dem felsigen Flussbett und steigen über Tausende von großen und kleinen Steine. Natürlich halten wir gebannt Ausschau nach einem Tier. Zebras, Kudus etc. wurden uns angekündigt. Auch Leoparden sollen in den Bergen leben. Wir sehen auf dem gesamten, pflanzenkundlich sehr interessanten Wanderweg kein einziges „spannendes“ Tier, nur kleine Kriechtiere und Vögel.

Nachdem wir einen Großteil des Trails geschafft haben, kündigen sich einige kleinere Hindernisse an. Wir müssen an Felsen herunterrutschen und hoffen, dass wir an der nächsten Ecke wieder die weißen Fußspuren sehen. Den gleichen Weg wieder zurück, hinauf über die hohen Felsen, würden wir nicht mehr schaffen. Mit unserer guten Treckingausrüstung, die uns mit ihrer Strapazierfähigkeit vor Rissen und Schürfwunden bewahrt, schaffen wir jede kleine oder große Überraschung. Natürlich haben wir, trotz des teilweise anstrengenden Forwärtskommens, einen Blick für die atemberaubende Natur. An dem das Flussbett umgebenden steilen Felswänden lassen sich die verschiedenen Gesteinsschichten ablesen. Faszinierend sind vor allem die kleinen und großen Köcherbäume, die überall auf den Bergen und am Rande wachsen. Eine exzellente Kulisse.

Dann ist es endlich soweit: Der kleine „Swimming Pool“; über den wir uns an Ketten hangeln sollen. Es sieht erstaunlich aus. Ich bekomme einen Schock. Wir haben an beiden Seiten - links und rechts - die Möglichkeit, den Weg fortzusetzen. An der rechten Felsklippe entlang erscheint uns das Abenteuer kürzer, uns ohne Halt an Ketten krallend vorzutasten. Ich gehe vor. Schritt für Schritt, ich schaue auf die Felsen. Ich halte mich mit größter Kraft an den Ketten fest. Hoffentlich sind diese noch stabil und zuverlässig im Felsen verankert. Zwei, vielleicht drei Schritte hoffe ich, dass meine Trecking-Schuhe eine gute Haftung auf den Steinen haben. Ansonsten bleibt nur der Blick nach unten, ins ca. fünf Meter tiefer liegende Gewässer. Es geht alles gut. Ich erreiche einen Stein, auf dem ich meine Füße wieder senkrecht aufsetzen kann. Jetzt muss es Stefan noch schaffen. Ich gebe ihm Tipps, wie er am besten seine Füße aufsetzt, da man von vorne nicht übersehen kann, an welcher Stelle man Halt (?) haben könnte. Auch er schafft es mit Bravour. Wir sind glücklich, uns fällt beiden ein Stein vom Herzen. Dies war die erste große Herausforderung unseres Urlaubs. Wir verharren kurz an einer sicheren Stelle. Ein Erinnerungsfoto muss her, natürlich spiegelt es nicht die wahren Gefahren und die Dynamik dieser Situation wieder.

Den abschließenden Teil des „Olive-Trails“ genießen wir. Locker und fröhlich laufen wir über die Felsen und spitzen Steine. Nach rund vier Stunden, in denen wir keinen anderen Wanderern begegnet sind, erreichen wir wieder unseren Toyota. Wir melden uns kurz im Office zurück „We did the Olive Trail“ und ernten einen zufriedenen Blick.

Geschafft und müde, aber glücklich setzen wir unsere Reise kurz nach 13 Uhr über die C14 fort. Auf der Fahrt entdecken wir auf einem Berg eine Schar von Pavianen. Große und kleine, Jungtiere - alle sitzen auf den Steinen und schauen den vorbeifahrenden Autos entgegen. Auch eine Pavian-Mutter begutachtet mit seinem Kleinen auf dem Rücken die Touristen am Straßenrand. In Solitaire, das eigentlich kein Ort sondern nur eine Tankstelle mit Campingplatz und Shop ist, kaufen wir unser teuerstes Wasser. 18 Dollar (ca. 1,80 Euro) für eine Flasche. Wucher für namibische Verhältnisse und nicht nur dort!

Der Zustand der Straße in Richtung Kuiseb Canyon wird immer schlechter. Wir kämpfen uns Meter um Meter über die kleinen Hubbel in der Schotterpad. Wodurch kommen diese Unebenheiten zustande? Vielleicht sind es Ausspülungen aus der Regenzeit, vielleicht war die Straße nie in einem besseren Zustand. Langsam wird es dunkel. Es ist schon nach 17 Uhr. Die Sonne verschwindet schnell hinter den Bergen, der Kuiseb Canyon hüllt sich in ein gigantisches, kurzes Farbenspiel.

Unser Quartier wollen wir diese Nacht im Kuiseb Bridge Camp aufschlagen. Dafür haben wir bereits im Sossusvlei Office einen Permit für 140,- Dollar (ca. 14,- Euro) erworben. Wir lassen uns überraschen. Und wir erleben eine Überraschung! Nachdem es schon recht dunkel ist, überqueren wir die Kuiseb Bridige. Dort muss irgendwo unser Nachlager sein. Ich entdecke ein Schild: „Kuiseb Bridge Camp! Zufahrt nur mit gültigem Permit erlaubt.“ Wir biegen von der „Straße“ in die tiefsandige Zufahrt ein und entdecken einen alten, vermoderten „Camping“-Tisch. Ach so, dies ist also unsere Campingplatz für 160,- Dollar. Außer einem Tisch, vier kleinen steinigen „Hockern“ und einem ehemaligen abgerissen „Trocken“-Toilettenhaus gibt es also nichts. Wir sind erleichtert: Autospuren im Sand. Es gibt also Menschen, die hier schon einmal waren. Welch‘ eine Beruhigung. Mit Vollgas und viel Gleitgefühl gelangen wir zu unserem „Stellplatz“. Jetzt heißt es, schnell das Zelt aufbauen und das Essen vorbereiten. Wir sterben vor Hunger, nach dieser Wanderung und der langen „Ruttelfahrt“. Es befinden sich viele kleine, mittelgroße Tierchen im Sand. Skorpione konnte ich noch nicht entdecken oder an meinen Füßen erspüren. Wir essen unsere vegetarischen Spaghetti und lauschen dem lautstarken Gesang der Vögel!

Stefan interessiert sich für das Leben in den Bäumen über unserem Abendessen. Ohhh..., ein ca. 10 Zentimeter großer kakerlakenartiger Käfer bewegt sich langsam über den Ast. Bevor wir noch größere Tiere oder vielleicht auch Schlangen neben unserem Schlafplatz entdecken, verkriechen wir uns in unser geschlossenes Dachzelt und sind froh, dass wir nicht auf dem Boden campen. Die Nacht verbringen wir sehr ruhig, kein Auto fährt an uns über die Kuiseb Brücke vorbei.

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